Medikamente bei Colitis ulcerosa
Eine Heilung der Colitis ulcerosa mit Medikamenten ist bisher nicht möglich. Allerdings kann durch eine medikamentöse Therapie die Darmentzündung meist wirksam zum Abklingen gebracht und die Krankheitssymptome unterdrückt werden. Die Behandlung der Colitis ulcerosa hängt davon ab, wie schwer die Aktivität der Erkrankung ist und in welchem Umfang der Dickdarm betroffen ist.
Ein leichter bis mittelschwerer Schub einer Colitis ulcerosa wird durch Medikamente mit dem Wirkstoff Mesalazin (Handelsnamen: z.B. Asacolitin®, Claversal®, Pentasa®, Salofalk®) behandelt, bei der Proktitis in Form von Zäpfchen, bei der Proktosigmoiditis in Form von Einläufen oder Schäumen, bei linksseitiger Colitis zusätzlich mit Tabletten und bei noch weiter ausgedehnter Colitis ulcerosa nur mit Tabletten. Diese Behandlung soll mindestens zwei Jahre lang nach Abklingen c yder Entzündung fortgesetzt werden, um einen neuen Schub hinauszuzögern bzw. einen beschwerdefreien Zustand zu erhalten ("Erhaltungstherapie"). Bei Unverträglichkeit von Mesalazin steht für die Erhaltungstherapie als zweite Wahl in leichteren Fällen auch das Bakterium Escherichia coli Stamm Nissle 1917 (Mutaflor®) zur Verfügung.
Glukokortikoide ("Kortison"-Präparate) z.B. mit dem Wirkstoff Prednisolon werden bei Versagen der Mesalazin-Therapie und bei schwereren Krankheitsschüben eingesetzt. Sie unterdrücken das Immunsystem. Wegen verschiedener Nebenwirkungen sollen diese Medikamente nicht zur Erhaltungstherapie eingesetzt werden.
Bei noch schwereren Verläufen der Colitis ulcerosa werden ergänzend oder anstatt der Glukokortikoide Medikamente verordnet, die das Immunsystem gezielt verändern; dies sind vor allem Präparate mit dem Wirkstoff Azathioprin. Azathioprin steht für die Patienten zur Verfügung, denen Mesalazin nicht nützt, es wirkt aber erst nach drei bis sechs Monaten der Einnahme.
Für bestimmte Verläufe der Colitis (siehe Leitlinien) stehen mit den TNF-alpha-Antagonisten Adalimumab und Infliximab wirksame Medikamente zur Verfügung, die aber mit möglichen schweren Nebenwirkungen in Verbindung gebracht werden. Wie bei jedem Therapieansatz sind hier Nutzen und Risiko genau abzuwägen (mehr unter Biologika).
2013/2014 sind mit Golimumab (TNF-alpha-Antagonist) und Vedolizumab ( α4β7-Integrin-Hemmer) neue Antikörper für die Colitis ulcerosa-Therapie zugelassen worden.
Mittlerweile hat auch die Zulassung der ersten "Generika" der biotechnologisch erzeugten Antikörper (der "Biologika"), die wegen wegen des komplexeren Produktionsprozesses eben nicht "Generika" sondern "Biosimilare Arzneimittel". (oder Biosimilars) heißen, stattgefunden.
Sowohl für Infliximab als auch für Adalimumab stehen damit Präparate von verschiedenen Firmen auch auf dem deutschen Markt zu Verfügung:
Für Infliximab: Flixabi®, Inflectra®, Remicade®, Remsima®, Zessly ®
Für Adalimumab: Amgevita®,,Humira®,Hulio®,Hyrimoz®,Imraldi®
Der komplexe Produktionsprozess führt auch dazu, dass einige der neuen Arzneimittel von den Behörden länger und enger überwacht werden. Sie sind auf der Packungsbeilage und in der Fachinformation mit einem auf dem Kopf stehenden schwarzen Dreieck besonders gekennzeichnet. Das bedeutet: "Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung".
Momentan wird eine Vielzahl neuer Therapien in klinischen Studien geprüft. Nachdem einige Jahre der Schwerpunkt auf den Biologika, also auf sehr großen Molekülen lag, rückt nun die Gruppe der "small molecules", d.h. der kleinen Moleküle (zu der auch die klassischen Immunsuppressiva gehören), wieder stärker ins Interesse (z.B. Januskinase (JAK)-Inhibitoren, siehe Bauchredner 3/2016, 54-60). Die Anzahl der Medikamente, die letztendlich keine Wirksamkeit zeigen oder aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils nie zur Zulassung kommen, bleibt jedoch sehr hoch.
Janunskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren)
Für Colitis ulcerosa wurde der erste JAK-Inhibitor Tofacitinib (Handelsname: Xeljanz®) im August 2018 durch die Europäische Arzneimittelbehörder (ema) zugelassen.
Im Gegensatz zu den TNF-alpha-Blockern und den Interleukin-Blockern, setzen JAK-Inhibitoren nicht an der Informationsübermittlung zwischen den an der Entzündung beteiligten Zellen an. Vielmehr wirken JAK-Kinase-Inhibitoren bereits in den Zellen. Dadurch wird die Aussendung der Botenstoffe durch die Zellen verhindert, sodass die Botenstoffe gar nicht erst von den Zellen abgegeben werden.
JAK-Kinase-Inhibitoren gehören zu den kleinen Molekülen („small molecules“) und werden in Tablettenform eingenommen.
Einen Sicherheitshinweis zu Tofacitinib vom März bzw. Juli 2019 finden Sie hier bzw. hier.
Was kann ich von der Behandlung erwarten?
Das Ausmaß des Erfolgs einer Behandlung der Colitis ulcerosa schwankt. Eine Heilung der Erkrankung ist zwar nicht bekannt, doch viele Betroffene sind über lange Zeiten hinweg frei von spürbaren Zeichen der Erkrankung. Eine konsequente Selbstbeobachtung der Patienten und regelmäßige Arztbesuche sind erforderlich, um Anzeichen eines neuen Krankheitsschubes und eventuelle Komplikationen der Colitis ulcerosa so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln.
Bei etwa drei von zehn Patienten mit Colitis ulcerosa bringt die Behandlung mit Medikamenten keinen vollen Erfolg oder es treten Komplikationen auf. In einer solchen Situation können chirurgische Eingriffe in Erwägung gezogen werden. Dazu gehört auch die Entfernung des gesamten Dickdarms, durch die - anders als beim Morbus Crohn - weitere Krankheitsschübe dauerhaft vermieden werden können.
Bei lang andauernder Aktivität der Erkrankung können Betroffene depressiv werden oder andere Störungen des Gemütszustandes bekommen. In solchen Fällen wird der verständnisvolle Arzt dem Patienten psychosoziale und psychotherapeutische Unterstützung anbieten. Nicht immer sind dabei Gespräche mit Therapeuten nötig, die möglichst Erfahrungen mit chronischen Erkrankungen haben sollten. Oft hilft auch die Teilnahme an einem Schulungsprogramm zur Krankheitsbewältigung oder die Begegnung mit Gleichbetroffenen in einer Selbsthilfegruppe.
Die Colitis ulcerosa ist zwar eine schwerwiegende chronische Erkrankung, als tödliche Krankheit wird sie jedoch nicht angesehen. Trotz Einnahme von Medikamenten und gelegentlichen Krankenhausaufenthalten können die meisten Betroffenen ein glückliches und auch im Beruf erfolgreiches Leben führen. Das gilt vor allem für diejenigen Patientinnen und Patienten, die sich aktiv mit den Auswirkungen der Colitis ulcerosa auseinandersetzen und sich über Hilfsangebote informieren.
Mehr zu Medikamenten bei Colitis ulcerosa
finden Sie im Bauchredner 2/2014 "Medikamente bei CED" oder im Bauchredner 3/2016 "Biologika und Biosimilars" (im Bauchredner-Archiv oder im DCCV-Shop).
Prof. Dr. med. Britta Siegmund, Bauchredner 2/2014
Medikamente in der Übersicht
Die medikamentöse Therapie des Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa richtet sich nach der Erkrankung, der Krankheitsphase und der aktuellen Krankheitsaktivität. Ziel dieses Artikels ist es, die Medikamente einer Krankheitsphase zuzuordnen: ...
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Prof. Dr. med. Robert Ehehalt, Bauchredner 2/2014
Therapiestrategien bei Colitis ulcerosa: Schema F oder individualisierte Therapie?
Hat der einleitende Artikel die für die Therapie des Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa gebräuchlichen Medikamente vorgestellt, geht es hier um ihre Anwendung in der konkreten Behandlungssituation der Colitis ulcerosa...
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Dr. med. Henrike Lenzen, Priv.-Doz. Dr. med. Oliver Bachmann, Bauchredner 3/2016
Zukünftige Biologika und kleine Moleküle
Grundlegende neue Erkenntnisse in den letzten Jahren haben zu einem besseren Verständnis der Zusammenhänge der bei CED ablaufenden Entzündungsprozesse geführt. Das eröffnet viele Möglichkeiten zur Entwicklung neuer therapeutischer Wirkstoffe. Die Anzahl der Medikamente, die letztendlich keine Wirksamkeit zeigen oder aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils nie zur Zulassung kommen, bleibt jedoch sehr hoch. *** Update Oktober 2017: Die Entwicklung von Mongersen (siehe S. 58) wird in der Phase 3 aufgrund mangelnder Effektivität gestoppt. *** Update August 2018: Pfizer Inc. hat bekanntgegeben, dass die Europäische Kommission Tofacitinib (Xeljanz®▼) (siehe S. 57) für Colitis ulersosa zugelassen hat.
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