Bewegung und Sport bei CED

Welchen Einfluss haben Bewegung und Sport auf die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa?

Können sie sogar schädlich sein?

Hierzu gibt es fast keine Fachliteratur. Und mangels Studien wird die Antwort auf die Frage, in welchem Maße sich ein*e Patient*in belasten muss, soll oder darf, fast ausschließlich in die eigene Verantwortung des Patienten gelegt.

Mit dieser Beobachtung begann 2002 ein Artikel im DCCV-Journal "Bauchredner" (Dr. Martin Meller, "Schadet Bewegung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen?". BR 3/2002, 85ff.) - und die Aussagen haben auch Jahre später noch nicht an Aktualität verloren.

Was ändert der Sport?

Dr. Meller selbst führte für seine Doktorarbeit an der Deutschen Sporthochschule Köln mit dem Thema "Sporttherapeutische Maßnahmen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen" eine Untersuchung im Reha-Zentrum in Bad Neuenahr durch. Dabei bot er einer Gruppe von CED-Patient*innen ein moderates, auf die Patient*innen zugeschnittenes Bewegungstraining an, das verschiedene Sportarten wie Fahrradergometrie, Aquajogging und Walking berücksichtigte. Eine Kontrollgruppe von Patient*innen erhielt stattdessen ausschließlich Entspannungsmaßnahmen. Meller konnte so zeigen, dass sich in der Sportgruppe der Bedarf an Medikamenten (z.B. Cortison) signifikant reduzierte, dass die Patient*innen eine verbesserte Körperwahrnehmung und einen verbesserten Allgemeinzustand besaßen, dass sie weniger Ängste und Depressionen hatten und sich ihre Arbeitsfähigkeit steigerte.

Wenige Jahre zuvor hatte bereits ein kanadisches Forscherteam mit einer Gruppe von Patient*innen mit inaktivem oder leicht aktivem Morbus Crohn eine sportmedizinische Untersuchung durchgeführt. Dabei sollten die Teilnehmer*innen zwölf Wochen lang dreimal wöchentlich an einem Walkingprogramm teilnehmen, was 12 Patient*innen taten. Eine Walking-Einheit hatte dabei eine durchschnittliche Länge von 32 Minuten und erstreckte sich durchschnittlich über 3,5 km. Am Ende der Studie wiesen die Patient*innen weniger Stress, eine erhöhte Lebensqualität und einen verringerten Body Mass Index (BMI) auf. Keine*r der Teilnehmer*innen erlitt durch den Sport einen erneuten Krankheitsschub.

Individuelle Leistungsgrenzen beachten

Auch der Sportmediziner Professor Dr. Wolfgang Fischbach, ehemaliges Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der DCCV, ist überzeugt, dass maßvoller Sport den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann, dass dadurch die Entzündungsaktivität reduziert kann und die beschwerdefreien Phasen verlängert werden können.
Allerdings müssten die individuellen Leistungsgrenzen vorsichtig ausgelotet werden: Einzelne Patienten könnten in der Lage sein, Leistungssport zu betreiben oder beispielsweise einen Marathon zu laufen. Für viele wäre das aber eine Überanstrengung. Patient*innen mit Operationen im Bauchraum sollten Sportarten meiden, die die Bauchmuskulatur stark beanspruchen, da sie sonst einen Narbenbruch erleiden könnten.
Und für Menschen, die durch eine hohe Krankheitsaktivität oder längere Therapien mit Cortisonpräparaten bereits eine verringerte Knochendichte aufwiesen oder aber an Begleiterkrankungen der Gelenke leiden, seinen Sportarten wie Fußball, Trampolinspringen oder Gewichtheben ungeeignet, da sie das Skelett zu sehr belasten.

Auch Patient*innen mit Begleiterkrankungen der Leber (z.B. PSC), können maßvoll Sport treiben, um die Muskulatur zu stärken und ihr Wohlbefinden zu verbessern. Zwar steigen das Serum-Bilirubin und die Transaminasen GOT und GPT durch Sport an, die Transaminasen kehren aber in der Regel schon binnen eines Tages wieder zu den Ausgangswerten zurück. Der Gamma-GT-Werte verändert sich nicht nennenswert. Auch die Zusammensetzung der Galle wird eher positiv verändert.
Allerdings sollten Patient*innen mit Lebererkrankungen große körperliche Anstrengungen meiden, da unter Belastung die Gefahr einer Varizenblutung, also einer Blutung von inneren Krampfadern, steigt.

Falscher Ehrgeiz beim Sport ist für Menschen mit einer CED insgesamt unangebracht. Vor allem im Krankheitsschub bedürfen Patienten in erster Linie der Schonung. Und nach Operationen und bei Begleiterkrankungen erscheint es sinnvoll, mit dem behandelnden Arzt Rücksprache zu halten, ab wann welche sportlichen Aktivitäten möglich sind oder ratsam erscheinen. Zu intensives Lauftraining kann beispielsweise den Kolon-Transit der Nahrung bei der Verdauung beschleunigen und damit Stuhldrang oder Durchfälle auslösen oder verstärken.

Viele positive Effekte

Wenn die sportlichen Aktivitäten aber unter Berücksichtigung der individuellen Krankheitssituation in Maßen durchgeführt werden, versprechen sie viele positive Effekte. Der Sport kann helfen, Stress abzubauen, negative Stimmungen zu vertreiben und das Herz-Kreislauf-System und das Immunsystem zu stärken. Ein Koordinationstraining kann den Bewegungsablauf geschmeidiger machen und die Konzentrationsfähigkeit erhöhen; ein Konditions- oder leichtes Krafttraining kann die Leistungsfähigkeit im Alltag verbessern und auch Osteoporose vorbeugen.

Erholung und Ernährung

Wichtig ist, dass die Bewegung und der Sport Freude bereiten und nicht ihrerseits in Stress ausarten. Nach der Betätigung sollten darum auch Erholungsphasen unbedingt eingeplant und eingehalten werden. Auch sollten sportlich aktive Menschen auf eine hinreichende Magnesiumzufuhr achten, da dieses Mineral bei Schwitzen, Stress und unter bestimmten Medikamenten (z.B. Cyclosporin) verstärkt ausgeschieden wird, andererseits bei CED aber oftmals nur in verringertem Maße aus der Nahrung aufgenommen wird. Deutliche Zeichen für einen Magnesiummangel sind Hautkribbeln, Zittern und Krämpfe in den Waden und Fußsohlen. Magnesium ist insbesondere in Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten, Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Beerenobst und Bananen enthalten. Vor allem Kinder und Jugendliche sollten darüber hinaus auch allgemein eine hinreichend kalorienreiche Nahrung zu sich nehmen, um ihre körperliche Entwicklung nicht zu bremsen, denn sportliche Betätigung erhöht den Energieverbrauch auch in der Ruhe und verringert das Gewicht.

CED-Medikamente und Doping-Liste

Ein letzter Hinweis gilt denjenigen, die sich tatsächlich im Leistungssport betätigen: Die Nationale Anti Doping Agentur stellt auf ihren Internetseiten Informationen darüber bereit, welche Medikamente erlaubt sind und nicht als Doping gelten. Dazu gehören aktuell beispielsweise Loperamid (z.B. Imodium®) und Mesalazin (z.B. Salofalk®). Cortisonpräparate sind hingegen im Normalfall Doping. Aus medizinischen Gründen können jedoch im Einzelfall weitere Medikamente gestattet werden, die nicht auf der Liste erlaubter Medikamente stehen. Weitere Informationen und Beratung hierzu finden Sie online unter http://www.nada-bonn.de/medizin.html.

Mehr zum Thema "Sport bei CED & PSC" im Bauchredner 2/2021

Prof. Dr. Katharina Eckert, Prof. Dr. Henning Adamek, Bauchredner 2/2021

BR2021-2- Editorial

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Quellen und Empfehlungen zur weiteren Lektüre

Ng V, Millard W, Lebrun C, Howard J.: Low-intensity exercise improves quality of life in patients with Crohn's disease. Clin J Sport Med. 2007 Sep;17(5):384-388. Abstract online unter http://www.cjsportmed.com/pt/re/cjsm/abstract.00042752-200709000-00008.htm

Erstellt: 25.03.2014 Letzte Änderung: 06.08.2021

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