Was ist eigentlich eine Studie?

Wenn hier von "Studien" die Rede ist, dann meinen wir wissenschaftliche Untersuchungen oder Forschungsarbeiten, die für Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen - vor allem Morbus Crohn und Colitis ulcerosa - von Interesse sind.

Auf dieser Seite finden Sie kurze Erläuterungen zu Laboruntersuchungen, klinischen Studien und Untersuchungen unter Alltagsbedingungen (siehe unten). Lesen Sie auch unsere Informationen über Möglichkeiten und Grenzen von Studien mit Hilfen zur Entscheidungsfindung für oder gegen eine Beteiligung an Studien. Wir geben hier auch einen Überblick über aktuelle Studienaufrufe, die von der DCCV mit Unterstützung ihres Beirats geprüft worden sind. Die für diese Prüfung maßgeblichen Studienrichtlinen der DCCV haben wir ebenfalls veröffentlicht. 

Laboruntersuchungen

Dazu gehören unter anderem Laboruntersuchungen, die in der Arzneimittelforschung auch präklinische Studien genannt werden. Bevor ein neues Arzneimittel bei Menschen eingesetzt werden darf, müssen die Eigenschaften seiner Wirkstoffe - auch unerwünschte Wirkungen und der Einfluss auf den Stoffwechsel - so umfassend wie möglich bekannt sein.

Dazu werden im Forschungslabor die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Stoffe bestimmt und es wird ihre Wirkung an Versuchstieren getestet. Die präklinischen Studien geben auf diese Weise vorläufige Anhaltspunkte für eine mögliche Wirksamkeit, sinnvolle Dosierung und Verträglichkeit der Substanz. Wirkstoffe, die sich hier nicht als viel versprechend erwiesen haben, dürfen nicht am Menschen geprüft werden. Weil Ergebnisse aus Tierversuchen nur sehr eingeschränkt auf den Menschen übertragbar sind, schaffen weniger als 10 von 100 Wirkstoffen aus präklinischen Studien den Weg bis in die Apotheke.

Aber nicht nur Wirkstoffe für Medikamente, sondern auch z.B. Gewebeproben aus dem Darm von CED-Betroffenen, Stuhl- und Blutproben werden im Labor untersucht. Auf diese Weise können zum Beispiel Fragen zu den genetischen Ursachen des Morbus Crohn oder der Colitis ulcerosa oder die Rolle von Darmbakterien für die Erkrankung erforscht werden.

Klinische Studien

Bei einer klinischen Studie wird der Einfluss eines medizinischen Eingriffes bei Krankheiten in einem kontrollierten experimentellen Umfeld an Menschen überprüft. Dabei geht es häufig um die Erprobung von Arzneimitteln. Aber auch andere medizinische Eingriffe wie zum Beispiel diagnostische Tests, chirurgische Methoden, komplexe Interventionen wie die Rehabilitation, individualisierte Verfahren wie die Homöopathie und Präventionsmaßnahmen können durch klinische Studien überprüft werden.

Damit die Studien möglichst aussagekräftige und unverfälschte Ergebnisse liefern können, sollen sie im Idealfall auf eine bestimmte Weise geplant und durchgeführt werden. Diese Studien sind

  • kontrolliert: Eine Gruppe der Studienteilnehmer*innen erhält die medizinische Behandlung, die getestet werden soll. Eine andere Gruppe erhält entweder eine nur scheinbar wirkende Behandlung (Placebo; z.B. ein wirkungsloses Scheinmedikament) - man nennt die Studie dann placebokontrolliert. Oder die Vergleichsgruppe erhält eine bereits bewährte Behandlung (z.B. ein bekanntes Medikament), dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit mit der neuen Behandlung verglichen wird; eine solche Studie nennt man aktiv kontrolliert. Die Studie kann übrigens auch so durchgeführt werden, dass jede*r Teilnehmer*in nacheinander sowohl die zu testende Behandlung als auch die Vergleichsbehandlung (Placebo bzw. bewährte Behandlung) erhält ("cross over"-Studien).
  • randomisiert: Die Entscheidung, welche*r Studienteilnehmer*in welche Behandlung oder Intervention erhält (z.B. neue zu testende Behandlung, Placebo, bereits bewährte Behandlung), erfolgt nach dem Zufallsprinzip.
  • multizentrisch: Damit die Ergebnisse einer Studie als allgemeingültig gelten können und nicht von Besonderheiten eines Studienzentrums abhängen, sollte die Studie im Idealfall (national oder international) in einer Vielzahl von Studienzentren (z.B. Kliniken) durchgeführt werden.
  • verblindet, doppelblind, dreifachblind: Damit die Studie Unterschiede zwischen einer zu testenden Behandlung und der Vergleichsbehandlung (Placebo oder bewährte Behandlung) unabhängig von den Erwartungen der Studienteilnehmer*innen ermitteln kann, dürfen die Patient*innen nicht wissen, ob sie z.B. gerade das neue Medikament oder ein Placebo erhalten. Studien, die dies sicherstellen, nennt man verblindet. Doch auch die Erwartungen der an der Studie beteiligten behandelnden Mediziner*innen und die Erwartungen der Mitarbeiter*innen, die die statistischen Auswertungen machen, können ungewollten Einfluss auf die Studienergebnisse haben. Wenn auch der*die Mediziner*in nicht weiß, ob er dem*der Studienteilnehmer*in des Testmedikament oder Placebo gibt, ist die Studie doppelblind, wenn dies zusätzlich auch für die Statistiker*innen gilt dreifachblind.

Vor allem aus ethischen Gründen können randomisierte kontrollierte Studien nicht für jede Frage durchgeführt werden. Wegen einer viel zu starken Belastung der Studienteilnehmer*innen verbieten sich zum Beispiel selbstverständlich "Placebo-Operationen" ohne wirklichen Nutzen für die Betroffenen. Aber auch einer Kontrollgruppe von schwer erkrankten Patient*innen darf man eine neue zu testende Behandlung nicht vorenthalten, wenn davon auszugehen ist, dass diese neue Behandlung erhebliche Vorteile besitzt. In solchen Fällen stehen andere Arten von Studien als Alternative zur Verfügung. Die retrospektive Fall-Kontrollstudien zum Beispiel vergleicht rückblickend Stichproben von erkrankten und nicht erkrankten Personen, um zu prüfen, ob die Erkrankten bestimmten vermuteten Risikofaktoren in der Vergangenheit stärker ausgesetzt waren als die Nicht-Erkrankten.

Ärzt*innen sind nach den Berufsordnungen der Landesärztekammern verpflichtet, vor dem Begin von Forschungen am Menschen die Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission einzuholen. Bei Studien von Arzneimitteln und Medizinprodukten ist dies sogar durch Bundesgesetze vorgeschrieben. Außerdem schreiben nationale und internationale Aufsichtsbehörden bei Arzneimittelstudien eine Abfolge von vier Phasen von Studien vor: In Phase I wird an einer sehr kleinen Gruppe von bis zu 30 Gesunden die Verträglichkeit und Sicherheit des Prüfmedikaments untersucht. Danach wird in Phase II anhand von etwa 50 bis 200 Patient*innen nach einer geeigneten Dosierung des Medikaments gesucht und gewünschte und unerwünschte Wirkungen beobachtet. Die wichtigen Phase-III-Studien müssen dann in einer größeren Gruppe von oft mehr als 200 Patient*innen auch statistisch nachweisen, dass das Medikament wirkt und wie oft welche Nebenwirkungen auftreten. Erst danach kann die Marktzulassung des Medikaments beantragt werden. Studien der Phase IV dienen dazu, nach Markteinführung über einen Zeitraum von oft mehren Jahren und mit oft mehr als 1000 Patient*innen auch sehr seltene Nebenwirkungen eine Medikaments aufzuspüren.

Untersuchungen unter Alltagsbedingungen

Klinische Studien, insbesondere randomisierte kontrollierte Studien finden meist in einer künstlichen Umgebung statt. So wird meist nur ein ganz bestimmtes Medikament oder eine bestimmte andere Behandlung isoliert untersucht. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten werden oft nur am Rande einbezogen. Und die Patient*innen werden in der Versorgungsumgebung von Universitätskliniken, wo klinische Studien meist durchgeführt werden, ganz anders betreut und überwacht als in ihrem Alltag z.B. bei der*dem Hausärzt*in. Fragen nach der alltäglichen Praxis medizinischen Versorgung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen untersuchen Studien aus dem Bereich der Versorgungsforschung.

Erstellt: 18.12.2013 Letzte Änderung: 20.03.2021

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