Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind ein Muss

Deutsche Leitlinie zu PSC und anderen autoimmunen Lebererkrankungen erschienen

23.08.2017

Fast drei Jahre Arbeit und die Mitwirkungen von mehr als 60 Expertinnen und Experten sind in den Text zur S2k-Leitlinie “Autoimmune Lebererkrankungen” eingegangen. Nun ist sie online auf den Seiten der AWMF nachzulesen.

Die Leitlinie befasst sich mit der Autoimmunen Hepatitis (bzw. Autoimmunhepatitis, AIH), der Primär Biliären Cholangitis (ehemals: Primär Biliäre Zirrhose, PBC), der Primär Sklerosierenden Cholangitis (PSC) und der IgG4-assoziierten Cholangitis (IAC). Diese Kapitel beinhalten neben Empfehlungen zur Diagnostik und Standardtherapie auch Ausführungen zu komplementären Therapien, zur Lebensqualität und zur Familienplanung.

Gesonderte Kapitel gehen darüber hinaus erkrankungsübergreifend auf Besonderheiten autoimmuner Lebererkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, auf Lebertransplantationen und die Nachsorge sowie auf Impfungen ein. Dabei wird deutlich, dass Patientinnen und Patienten mit autoimmunen Lebererkrankungen die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Grundimmunisierungen, Nachholimpfungen und Auffrischimpfungen sowie Impfungen gegen Hepatitis A und B erhalten sollten. Bei Impfungen mit Lebendimpfstoffen ist auf einen Abstand zu einer immunsuppressiven Therapie zu achten.

Diagnosestellung und Kontrolluntersuchungen bei PSC

Das Kapitel zur PSC beschreibt die Diagnosestellung über Laborwerte der Leber, Ultraschalluntersuchungen des Bauchraums und die MRCP (Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikographie).
Vor einer ERCP (Endoskopisch-retrograde-Cholangio-Pankreatikographie) soll eine Nutzen-Risiken-Abwägung erfolgen; sie kommt also eher dann zum Einsatz, wenn zugleich Engstellen in den Gallengängen aufgedehnt werden sollen.
Eine Leberpunktion mit Entnahme von Gewebe (Biopsie) ist in der Regel nur erforderlich, wenn ein Verdacht auf eine Small-Duct PSC (also eine PSC ausschließlich an den Gallengängen) oder auf ein Overlap-Syndrom von PSC und AIH (also das gemeinsame Auftreten einer PSC mit einer Autoimmunhepatitis) besteht.

Im weiteren Krankheitsverlauf der PSC sollen routinemäßig alle 3-6 Monate sowie bei einer Zustandsverschlechterung die Laborwerte (zumindest AP, gGT, GOT, GPT, Bilirubin) kontrolliert und ggf. weitere Untersuchungen veranlasst werden.
Alle 6-12 Monate, bei schon vorliegender Leberzirrhose halbjährlich, soll eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums (Abdomensonographie) erfolgen.
Eine MRCP-Untersuchung kann als Verlaufskontrolle alle 12-24 Monate durchgeführt werden, bei einer Zustandsverschlechterung sollte sie zeitnah erfolgen.

Bei den Laborwerten können CA19-9 und CEA zur Überwachung und möglichen Früherkennung von Gallengangkrebs (Cholangiokarzinom, CCA) bestimmt werden.
Wenn sich in einer bildgebenden Untersuchung eine längere Engstelle (dominante Stenose) zeigt, soll zur Abklärung eine ERCP durchgeführt werden, bei der mit einer Bürste (Bürstenzytologie) oder Zange (Zangenbiopsie) Gewebe entnommen und untersucht wird.
Bei Gallenblasenpolypen ist eine Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie) zu diskutieren; bei Polypen von 8 mm Größe oder wachsenden Polypen sollte die Gallenblase entfernt werden. Der Hintergrund für diese Empfehlungen ist, dass in diesen Fällen das Risiko für Gallenblasenkrebs deutlich erhöht ist.

Das Risiko für Darmkrebs (kolorektales Karzinom) ist bei PSC-Patientinnen und -Patienten ebenfalls erhöht. Darum soll bei Betroffenen mit PSC und einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) jährlich eine Darmspiegelung (Überwachungskoloskopie) erfolgen, und zwar unabhängig von der Krankheitsaktivität.
Bei Patienten mit PSC ohne CED sollte alle 3-5 Jahre oder bei Auftreten von Krankheitssymptomen mit einer Darmspiegelung geklärt werden, ob eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung neu hinzugekommen ist.

Ebenfalls gemessen werden sollte die Knochendichte. Für die Behandlung einer evtl. vorliegenden Osteoporose greifen dann die Empfehlungen der zugehörigen Leitlinie des Dachverbandes Osteologie.

Bei fortgeschrittener Lebererkrankung kann es erforderlich werden, auch eine so genannte Magenspiegelung (ÖGD) durchzuführen. Sie wird bei Verdacht auf eine Zirrhose bzw. einen Bluthochdruck der Pfortader (portale Hypertension) eingesetzt, insbesondere um Krampfadern (Varizen) an der Speiseröhre zu erkennen und zu überwachen. Dies ist im Rahmen einer ERCP nicht möglich!

Behandlung der PSC


Eine wichtige Behandlungsmethode bei der PSC ist die endoskopische Aufdehnung verengter Gallengänge im Rahmen einer ERCP, welche die Symptome bessern kann.

UDCA (Ursodesoxycholsäure) führt in einer mittleren Dosierung von 13-23 mg pro Kilogramm Körpergewicht zu einer Verbesserung der Laborwerte, insbesondere einem Abfall der Alkalischen Phosphatase (AP), und kann gegeben werden. Eine hochdosierte (>28 mg/kg KG) UDCA-Therapie soll aufgrund der hohen damit verbundenen Risiken nicht gegeben werden.

Darüber hinaus werden Antibiotika bei einer akuten Infektion der Gallenwege (Cholangitis) eingesetzt. Ansonsten werden im PSC-Kapitel der Leitlinie keine Medikamente oder Wirkstoffe empfohlen.

Hinweise zur Handhabung von Juckreiz (Pruritus) und Müdigkeit (Fatigue) sind in den Abschnitten zur PBC zu finden, auf die entsprechend verwiesen wird.
Bei milden Formen des Juckreizes kann zunächst eine Behandlung mit rückfettenden, rehydratisierenden und kühlenden Cremes erfolgen, vor allem bei trockener Haut.
Bei stärkerem Juckreiz können verschiedene Medikamente für die Behandlung eingesetzt werden, deren Wirkung jedoch begrenzt ist.
Bei Fatigue sollten zunächst andere Ursachen als die PSC ausgeschlossen werden. Da keine spezifischen Medikamente zur Behandlung zur Verfügung stehen, wird vor allem zu einem regelmäßigen Tagesrhythmus mit ausreichend Pausen und Schlafphasen geraten.

Als letzte Therapieoption steht bei der PSC die Lebertransplantation zur Verfügung, der ein gesonderter Abschnitt der Leitlinie gewidmet ist. Da die individuelle Prognoseabschätzung bei Patientinnen und Patienten mit PSC schwierig ist, wird die Mitbetreuung durch ein Transplantationszentrum nachdrücklich empfohlen.

Hintergründe der Leitlinienentstehung

Leitlinien geben auf der Basis des medizinischen Forschungsstandes (Evidenz) und der Einigkeit unter den beteiligten Expertinnen und Experten (Konsens) Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie bestimmter Krankheitsbilder.

Bei der vorliegenden Leitlinie zu autoimmunen Lebererkrankungen handelt es sich um eine S2k-Leitlinie, das “k” betont die Konsensbasierung. Der Konsens der Expertinnen und Experten war bei dieser Leitlinie insofern von besonderer Bedeutung, als auch bei sorgfältiger Sichtung der Studien und Veröffentlichungen zum wissenschaftlichen Forschungsstand zahlreiche Fragen der Begleitung und Behandlung der Patientinnen und Patienten auf der Basis der vorliegenden Evidenz nicht zu beantworten gewesen wären.
Umso wichtiger war die breite Expertise der Beteiligten, die sich dann in Online-Abstimmungen und einer zweitägigen Konsensuskonferenz im Oktober 2015 auf die Formulierungen der Empfehlungen verständigten. Das Ausmaß der Einigkeit (Konsensstärke) ist im Leitliniendokument jeweils angegeben.

Einbezogen waren über 60 Expertinnen und Experten aus mehr als einem Dutzend beteiligter Fachgesellschaften und Vereinigungen unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).
Die DCCV e.V. entsendete zwei Vertreter(innen) aus dem Arbeitskreis PSC, weitere Patientenverterter(innen) kamen von der Deutschen Leberhilfe e.V. und den Lebertransplantierten Deutschlands e.V.

Quelle:

Leitlinien-Detailansicht “Autoimmune Lebererkrankungen (AILE)” bei der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften), online unter www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021-027.html



Strassburg, Christian P. et al. (2017): S2k Leitlinie Autoimmune Lebererkrankungen. AWMF-Registernummer 021 - 027. Langfassung des Leitliniendokuments online unter: www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-027l_S2k_Autoimmune_Lebererkrankungen_2017-07_01.pdf




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