Neue amerikanische Leitlinie zur Primär sklerosierenden Cholangitis erschienen
Das American College of Gastroenterology hat eine neue Leitlinie zur Primär Sklerosierenden Cholangitis (PSC) veröffentlicht. Diese Leitlinie geht davon aus, dass etwa fünf Prozent der Betroffenen mit Colitis ulcerosa auch eine PSC haben; umgekehrt haben etwa zwei Drittel der PSC-Betroffenen zugleich eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, meist eine Colitis ulcerosa, seltener einen Morbus Crohn.
Die genauen Ursachen der PSC sind unklar. Es gibt Hinweise auf eine genetische Veranlagung, zu der äußere Einflussfaktoren hinzukommen, so dass sich die Gallengänge entzünden, vernarben und unregelmäßig verengen. Zur Diagnosestellung empfiehlt die Leitlinie in erster Linie die MRCP, also eine Kernspinuntersuchung, nur nachrangig die ERCP, eine Darstellung der Gallenwege unter Röntgenstrahlen, bei der das Untersuchungsgerät wie bei einer Magenspiegelung in den Körper eingeführt und bis in die Gallengänge vorgeschoben wird. Eine Leberbiopsie wird nur bei Patient(inn)en benötigt, bei denen eine so genannte Small-Duct-PSC, also eine PSC der kleinen Gallengänge vorliegen könnte, sowie bei einer Kombination einer PSC mit einer weiteren Lebererkrankung, der Autoimmunen Hepatitis (AIH). Bei Patient(inn)en, die jünger als sind 25 und entweder eine PSC- oder eine AIH-Diagnose bekommen, sollen bei entsprechend erhöhten Laborwerten (entscheidend sind hier die Aminotransferasen bei diagnostizierter PSC und die Alkalische Phosphatase bei AIH) weitere Untersuchungen durchgeführt werden, ob nicht jeweils auch die andere der beiden Erkrankungen vorliegt.
Eine Heilung von PSC durch Medikamente gibt es nicht. Aber hinsichtlich der Behandlung macht die Leitlinie eine Kehrwende: Wurde Ursodeoxycholsäure (UDCA) in Amerika zuletzt ausdrücklich nicht mehr zur PSC-Therapie empfohlen, gilt dies nach der neuen Leitlinie nur noch für die Hochdosistherapie mit mehr als 28mg Wirkstoff pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Denn bei solchen Dosierungen traten in einer Studie gehäuft gefährliche Nebenwirkungen auf. UDCA in einer Dosierung von etwa 20mg/kg/Tag wird hingegen von vielen Ärztinnen und Ärzten zur Behandlung der PSC eingesetzt, und eine so herbeigeführte Normalisierung der Leberwerte scheint nach jüngsten Studien mit einem besseren Krankheitsverlauf einher zu gehen, wie die Leitlinie erklärt.
Wenn Patient(inn)en unter starken Verengungen, Juckreiz oder der Entzündung (Cholangitis) leiden, besteht die Möglichkeit, die Symptome zu verringern, indem man die Gallengänge im Rahmen einer ERCP endoskopisch weitet. In Verbindung mit einer ERCP sollten PSC-Betroffene immer auch Antibiotika erhalten, um zu vermeiden, durch die Untersuchung bakterielle Infektionen und Entzündungen auszulösen. Nach der Leitlinie ist es nicht erforderlich, die geweiteten Gallengänge routinemäßig mit Stents offenzuhalten. Sie werden nur als vorübergehende Maßnahme nach der Weitung dominanter Verengungen empfohlen.
Bei langstreckigen Verengungen, so genannten dominanten Strikturen, sollen bei der ERCP auch die FISH-Technik zur besseren Bildgebung angewendet und Gewebeproben genommen werden, um den Verdacht einer Krebserkrankung der Gallenwege (Cholangiokarzinom) auszuschließen.
Die Leitlinie empfiehlt, dass bei allen Patient(inn)en, die eine PSC-Diagnose erhalten, auch eine Darmspiegelung durchgeführt wird, um nach Anzeichen einer Colitis zu schauen. Bei Patient(inn)en, die gleichzeitig PSC und eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Dickdarms haben, sollen von Anfang an jährliche Darmspiegelungen durchgeführt werden, um einen möglichen Dickdarmkrebs frühzeitig erkennen und behandeln zu können.
Zur Früherkennung von Krebserkrankungen der Gallengänge (Cholangiokarzionom) soll alle 6-12 Monate der Wert des Tumormarkers CA 19-9 bestimmt und der Verlauf beobachtet werden, Leber und Gallengänge sollen im selben Intervall mit Ultraschall oder Kernspin betrachtet werden.
Patient(inn)en mit Gallenblasenwucherungen (Polypen), die größer sind als 8 mm, soll zur Krebsvorsorge die Gallenblase entfernt werden.
Ab Diagnosestellung sollte bei PSC-Patient(inn)en im Abstand von 2 bis 4 Jahren die Knochendichte gemessen werden, um Osteoporose frühzeitig erkennen und behandeln zu können.
Bei leichtem Juckreiz kann eine Behandlung der Haut durchgeführt werden, beispielweise mit Antihistaminika. Bei stärkerem Juckreiz rät die Leitlinie in erster Linie zu Cholestyramin. Sollte das nicht helfen oder schlecht vertragen werden, können Rifampicin und Naltrexon versucht werden.
Bei fortgeschrittener Erkrankung sollten Patient(inn)en regelmäßig auf Krampfadern der Speiseröhre untersucht werden. Dies geschieht im Rahmen einer Magenspiegelung. Außerdem sollte beobachtet werden, ob sich ein Mangel an fettlöslichen Vitaminen zeigt, der behandelt werden muss.
Bei einer fortgeschrittenen PSC kann mit einer Lebertransplantation das Leben verlängert werden.
In Deutschland arbeiten Fachärztinnen und -ärzte sowie Patientenvertreter(innen) unterdessen an einer neuen Leitlinie zu autoimmunen Lebererkrankungen, darunter auch PSC. Die Empfehlungen sollen voraussichtlich im Herbst 2015 abgestimmt werden; mit einer Veröffentlichung ist Anfang 2016 zu rechnen.
Quelle:
Lindor KD, Kowdley KV, Harrison ME.: ACG Clinical Guideline: Primary Sclerosing Cholangitis. Am J Gastroenterol. 2015 Apr 14. doi: 10.1038/ajg.2015.112. Abstract online unter www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25869391
Die Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung – DCCV – e.V. ist die Selbsthilfeorganisation für die von einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) oder einer Primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) - mit oder ohne damit verbundener Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn - Betroffenen in Deutschland. Ein ehrenamtlicher Vorstand aus selbst Betroffenen leitet die DCCV, unterstützt von weiteren, ehrenamtlich Aktiven in Landesverbänden und Arbeitskreisen sowie einer Geschäftsstelle in Berlin. Der Verband bietet patientenverständliche Informationen und Beratung. Ordentliche Mitglieder können sich bei sozialrechtlichen Fragen an die DCCV wenden und genießen einen umfassenden Rechtsschutz vor deutschen Sozialgerichten. Die DCCV vertritt die Interessen der Betroffenen in Politik und Öffentlichkeit und fördert die Forschung, u.a. durch eigene Forschungspreise, und setzt sich so dafür ein, die Situation der Betroffenen und das Wissen über die Erkrankungen und ihre Ursachen zu verbessern.