Miniaturleber ist in Mäuseköpfen herangewachsen

Erster Schritt zu einem Transplantatersatz?

08.07.2013

Einer Gruppe von Forschern von der Yokohama City University in Japan ist es gelungen, mithilfe von Stammzellen in Mäuseköpfen eine Art Menschenleber in Miniaturformat heranzuzüchten. Bis diese Methode aber eine vollwertigen Organersatz liefern und damit einen Ausweg aus dem Mangel an Spenderorganen für Transplantationen bieten könnte, ist es noch ein sehr weiter Weg.

Drei Zelltypen zusammengeführt 
Die japanische Forschergruppe um Takanori Takebe und Hideki Taniguchi nutzte für ihre Arbeit so genannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen). Das sind Zellen, die aus menschlichen Hautzellen gewonnen und dann zu einer Art Stammzellen verjüngt werden.

Diese iPS-Zellen ließen die Wissenschaftler zu Vorläufern von Leberzellen heranwachsen. Dann gaben sie menschliche Gefäßzellen aus Nabelschurgewebe sowie unreife Bindegewebszellen hinzu. Aus diesem Gemisch entwickelten sich in der Petrischale nach einigen Tagen von selbst dreidimensionale Strukturen, eine so genannte Leberknospe.

Als nächstes nutzten die Forscher präparierte Versuchsmäuse: Die Tiere hatten einen Gendefekt, um Abstoßungsreaktionen auf fremdes Gewebe zu verhindern. Diesen Tieren pflanzten die Wissenschaftler die Leberknospe durch ein kleines Loch in der Schädeldecke ein. Denn im Kopf ist es vergleichsweise einfach, Wachstum und Funktion des Gewebes z.B. mit speziellen Mikroskopen zu überwachen. Tatsächlich zeigte sich ein weiteres Wachstum und innerhalb von 48 Stunden hatte sich ein Anschluss an das Gefäßsystem entwickelt. So entstand eine Art kleine Leber, die vom Aussehen und von der Funktion her der Leber des Menschen ähnelte.

Das Team hat die Mini-Leber dann noch zu mehreren Zeitpunkten untersucht, auch noch zwei Monate nach der Transplantation. Dabei wurden Tests mit Medikamenten gemacht, die von der Leber verstoffwechselt werden, es wurden Eiweiße nachgewiesen und Gene analysiert.

Bei späteren Versuchen setzten die Forscher das Gewebe in das Bindegewebe um den Darm im Bauchraum ein, also einem „realistischeren Zielort“, wie sie es in ihrer Veröffentlichung im Magazin „Nature“ nennen. Auch dort wuchs das Gewebe ein.

Anerkennung und Skepsis
Die Leistungen der japanischen Forschergruppe finden auch bei deutschen Experten Anerkennung. „Der Meilenstein, den diese Forschergruppe für sich in Anspruch nehmen kann, ist: Die Forscher haben im Labor drei Zelltypen zusammengeführt und damit eine Leberknospe gezüchtet, wie sie bei der Embryonalentwicklung entsteht“, sagte etwa der Leber- und Stammzellforscher Tobias Cantz von der Medizinischen Hochschule Hannover.

Aber die entstandene vier bis fünf Millimeter große Leber ist noch nicht perfekt. Zu den Aufgaben einer Leber gehört es, giftige Stoffe aus dem Blut abzubauen. Für Cantz vom Excellenzcluster Rebirth bleiben genau an diesem Punkt noch Fragen offen: „Nach den in 'Nature' präsentierten Daten ist noch unklar, ob sich in dem Gewebe auch Gallengänge bilden, über die die giftigen Stoffe aus der Leber herausgeleitet werden können.“ Auch sei nicht sicher, ob ausreichend Lebergewebe gezüchtet werden könne, um Menschen zu helfen.

Selbst Studienautor Takebe geht davon aus, dass erste Studien mit Patienten womöglich in zehn Jahren beginnen können. Derweil arbeitet sein Team daran, die Methode auch für die Anzucht von Bauchspeicheldrüsen- oder Nierengewebe zu verwenden.

primär sklerosierende Cholangitis 
Bei der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) handelt sich um eine Vernarbung der kleinen in der Leber gelegenen Gallengänge und/oder größerer außerhalb der Leber gelegener Gallengänge. Bei progressivem Verlauf der Erkrankung oder häufigen bakteriellen Entzündungen der Gallenwege ist eine Lebertransplantation die einzige Therapiemöglichkeit.
Über 80% der PSC-Patienten haben gleichzeitig eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED). Umgekehrt entwickelt sich bei etwa 4% der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eine PSC, vorwiegend bei Colitis ulcerosa-Betroffenen. 
Die Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung - DCCV - e.V. ist die Patientenorganisation von und für Menschen, die an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bzw. an einer primär sklerosierenden Cholangitis erkrankt sind. Die Interessen der PSC-Erkrankten vertritt der Arbeitskreis PSC der DCCV
 (http://www.dccv.de/psc).

 

Quellen: 
Forscher züchten Mini-Menschenleber in Mäuseköpfen. dpa-Meldung erschienen beispielsweise auf Stern.de am 04.06.2013: http://www.stern.de/wissen/kuenstlich-erzeugte-stammzellen-forscher-zuechten-mini-menschenleber-in-maeusekoepfen-2033502.html

Baker, Monya 2013: Miniature human liver grown in mice. Cells self-organize and grow into functional organs after transplantation. Online: http://www.nature.com/news/miniature-human-liver-grown-in-mice-1.13324

Takebe, Takanori et al. 2013: Vascularized and functional human liver from an iPSC-derived organ bud transplant. Nature (2013) doi:10.1038/nature12271. Published online 03 July 2013: http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature12271.html

von: IS

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