Früherkennung von Gallengangkrebs bei PSC: Bald könnte schon eine Urinprobe reichen
Patientinnen und Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC) haben ein deutlich erhöhtes Risiko, an einem Cholangiokarzinom (Gallengangskrebs) zu erkranken. Bisher ist eine Früherkennung schwierig. Nun deuten Forschungen an der Medizinischen Hochschule Hannover auf eine Lösung hin: Eine gezielte Analyse von Eiweißmustern in Urinproben könnte helfen.
Da Gallengangkrebs schwierig zu behandeln ist, ist die Früherkennung besonders wichtig. Aber sie ist gerade bei PSC-Patienten nicht einfach: Denn Verengungen der Gallengänge, die in bildgebenden Verfahren sichtbar werden, können ein Fortschreiten der PSC, aber auch eine Krebserkrankung anzeigen; bei der Entnahme von Gewebeproben kann der Untersucher entartete Zellen verfehlen; und auch der Wert des Tumormarkers CA 19-9 steigt nicht nur im Falle eines Tumors, sondern auch bei einer PSC-typischen Entzündung der Gallengänge an.
Vor kurzem hatte eine Gruppe von Forschern der Medizinischen Hochschule Hannover erste Ergebnisse vorgelegt, mit denen sie zeigte, dass es möglich ist, anhand einer Analyse von Eiweißstoffen in Gallensäften eine Krebserkrankung von einer aktiven Entzündung zu unterscheiden. Um Gallensäfte zu gewinnen, ist aber immer noch eine ERCP erforderlich, also eine Untersuchung, bei der ein Gerät bis in die Gallengänge des Körpers vordringt.
Nun legt die Forschergruppe nach: Die Eiweißanalyse soll grundsätzlich auch bei Urinproben funktionieren.
Da sie mit diesem Verfahren wissenschaftliches Neuland betraten, wählten die Wissenschaftler ein mehrstufiges Vorgehen:
In der ersten Phase verglichen sie Urinproben von 14 Patient(inn)en mit Cholangiokarzinom mit 26 Proben von Menschen mit anderen Erkrankungen der Gallengänge, darunter 13 von PSC-Patient(inn)en. Sie suchten nach Eiweißstoffen, die besonders charakteristisch für die Proben der Krebserkrankten waren und wurden fündig.
In der zweiten Phase wurde das entwickelte Peptid-Marker-Modell dann anhand von 123 neuen Urinproben überprüft. Darunter waren 42 Proben von Patient(inn)en mit Cholangiokarzinom, von denen 10 die Krebserkrankung zusätzlich zu einer PSC hatten. Hinzu kamen 45 weitere Proben von Personen mit einer ausschließlichen PSC-Erkrankung und 36 von Personen mit anderen gutartigen Gallenerkrankungen.
Mithilfe der Eiweißuntersuchung (Proteomanalyse) konnten 64 der 81 Nicht-Krebserkrankungen und 35 der 42 Krebserkrankungen zuverlässig erkannt werden, in der zweiten Gruppe alle 10 Fälle der Kombination von PSC und Cholangiokarzinom.
In einer dritten Phase betrachteten die Forscher von den Patient(inn)en, von denen sowohl Urinproben als auch Gallensaftproben vorlagen, beide Probenarten in Kombination. Das war bei jeweils neun Patient(inn)en mit Cholangiokarzinom, neun mit PSC und neun mit anderen gutartigen Gallenerkrankungen möglich und verbesserte die Ergebnisse soweit, dass die Krebserkrankungen vollständig identifiziert werden konnten.
Die Forscher haben auch versucht, einen Bluttest für die Erkennung von Gallengangskrebs zu entwickeln, haben hier aber kein klares Proteinmuster gefunden, da die Werte innerhalb des Blutes zu sehr schwanken.
Sie gehen aber davon aus, dass der Urintest eine neue Möglichkeit darstellt, PSC-Patient(inn)en besser zu überwachen und Gallengangkrebs frühzeitig zu erkennen.
Quelle: Metzger, Jochen / Negm, Ahmed A. / Plentz, Ruben R. / Weismüller, Tobias J. / Wedemeyer, Jochen / Karlsen, Tom H. / Dakna, Mohammed / Mullen, William / Mischak, Harald / Manns, Michael P. / Lankisch, Tim O: Urine proteomic analysis differentiates cholangiocarcinoma from primary sclerosing cholangitis and other benign biliary disorders. In: Gut 2012, doi:10.1136/gutjnl-2012-302047.
Abstract auf Englisch online unter http://gut.bmj.com/content/early/2012/05/12/gutjnl-2012-302047.abstract